liegen ausgangsseitig die 110-120 Volt
an, die wir für die Reanimation benöti-
gen. Nur kann man hier die schrittweise
Anpassung zum Schluss leider nicht vor-
nehmen. Man sollte somit das Vorwär-
men unter gelegentlicher Beobachtung
etwas ausdehnen und muss das verklei-
nerte Restrisiko dann eingehen.
Weder der Stell- noch der US-Trafo
müssen übrigens enormen Leistungs-
anforderungen genügen, da sie lediglich
die Leerlaufleistung eines Gerätes spei-
sen. Eine Ausnahme wäre beispielsweise
eine große Class A-Endstufe, die schon
ohne Signal „brät“. Für solche Zwecke
eignet sich beispielsweise ein ostdeutscher
Labor-Stelltrafo, der immerhin 5 Ampère
„kann“, sprich 220/230 Volt x 5 Ampère
= 1100 bis 1150 VA (Watt). Im Leerlauf
reicht das im HiFi-Bereich für praktisch
alle Anwendungsfälle, auch Verstärker-
boliden.
Häufig ist der Austausch gerade von
Elkos bei mehrere Jahrzehnte alten Gerä-
ten anzuraten, er ist aber - im Gegensatz
zur weit verbreiteten Praxis - keineswegs
immer notwendig, zumal Originalteile
mitunter klangentscheidend und äußerst
schwierig beschaffbar sein können. Der
Autor betreibt jeweils ein paar amerika-
nische (Carver, GAS), deutsche (Grundig,
Thorens) und japanische Geräte (Luxman,
Sansui, Yamaha) aus den 70er und 80er
Jahren, die mit ihren herstellerseitig ein-
gebauten Elkos gut funktionieren und -
nachgemessen - immer noch sehr gute
Werte erreichen und womöglich noch
Jahrzehnte vor sich haben.
Tom Frantzen
Gefährliche
Elkos?
Elektrolytkondensatoren:
Sensible Bauteile und
„Zeitbomben"?
A ufbau
Die Funktion eines Elkos erinnert an
einen Akku. Auch hier spricht man von
„Kapazität“, und auch ein Elko lässt sich
„aufladen“. Der eigentliche Unterschied
zum normalen Akku ist allerdings, dass
sowohl das Laden als auch das Entladen
sehr schnell geschehen können. Diese
Eigenschaft wird ausgenutzt, um ihn zum
Beispiel zur Glättung von pulsierendem
Gleichstrom, wie er hinter einem Gleich-
richter auftritt, einzusetzen. Die Elektro-
den solcher Elkos bestehen aus Alumini-
umfolie, da man entdeckt hatte, dass sich
auf dieser, wenn sie von einer Flüssigkeit
- dem Elektrolyt - umgeben ist und an
einer Spannung liegt, eine sehr dünne Iso-
lierschicht bildet. Die Elkos werden „for-
miert“. Die Isolierschicht erlaubt das Auf-
wickeln der Aluminiumfolie, und zusam-
men mit dem Elektrolyt erhält man auf
kleinem Raum eine hohe Kapazität.
Die Aufschrift besteht immer aus der
Kapazität (in der Regel Mikrofarad pF),
der Betriebsspannung (Volt) und den
Toleranzen (%). Je höher die Kapazität,
desto glatter wird der Gleichstrom. Jedoch
lässt sich die Kapazität nicht in unendli-
che Höhen treiben, denn jeder Elko besitzt
auch einen so genannten Leckstrom. Die-
ser Strom fließt ständig und ist vergleich-
bar mit einem „Lade-Erhaltungsstrom“.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurden
zum Entstören von Telefonanlagen in
Deutschland Elektrolytkondensatoren
benutzt, um die Brummgeräusche des
Stromgenerators (pulsierender Gleich-
strom) auf den Leitungen zu unterdrü-
cken. Mit Beginn der Rundfunktechnik
begann auch die Weiterentwicklung der
Elektrolytkondensatoren, die Elko-Zelle
wurde gewickelt, und die Anodenfolien
wurden zusätzlich mechanisch aufger-
aut, um die Kapazität weiter zu steigern.
Toleranzen
Die Kapazitätstoleranz von Elektrolytkon-
densatoren, früher -10/+50 % oder
-10/+30 %, heute meist ±20 %, ist - ver-
glichen mit anderen Kondensatorfamilien
- recht groß. Da Elektrolytkondensato-
ren aber nicht in frequenzbestimmen-
den Schaltungen eingesetzt werden, wo
enge Toleranzen gefordert sind, genügt
diese Toleranzbreite, die überwiegend
aus der Streuung des Aufraugrades der
Ausgetrockneter Elko im 60er Jahre Tuner
Anode stammt, den Anforderungen. Die
Dicke der Isolierschicht auf der Alufolie
des Elektrolytkondensators bestimmt die
Spannungsfestigkeit. Da diese gezielt für
dessen Nennspannung hergestellt wird,
führt ein Überschreiten der Spannungs-
grenzen zur Zerstörung, das heißt, weder
die Nenn- noch die Spitzenspannung dür-
fen überschritten werden. Ein der Gleich-
spannung überlagerter pulsierender
Wechselstrom bewirkt Lade- und Entla-
devorgänge im Elko. Dieser Wechselstrom
führt zu frequenzabhängigen Verlusten,
die den Kondensator erwärmen. Deshalb
ist zusätzlich die zulässige Betriebstempe-
ratur angegeben. Wird diese überschrit-
ten, führt das unweigerlich auch zur Zer-
störung des Kondensators. Der Reststrom
bei allen Elektrolytkondensatoren wird,
bedingt durch Selbstheileffekte, immer
geringer, je länger die Kondensatoren an
Spannung liegen.
Lebensdauer
Der unterschiedliche Aufbau der Elko-Ty-
pen bedingt eine völlig unterschiedli-
che Lebensdauereinschätzung für eine
bestimmte Type. Dabei nehmen Alu-
minium-Elkos mit flüssigem Elektrolyt
eine Sonderstellung ein. Der Elektrolyt
verdunstet über die Betriebszeit und
bestimmt über seine Verdunstungsrate
die Elko-Funktionsdauer. Es tritt ein Elek-
trolytverlust auf, und zwar umso schnel-
ler, je höher die Temperatur ist. Alle ande-
ren Elektrolytkondensatorfamilien dage-
gen besitzen einen festen Elektrolyten,
der nicht verdunsten kann. Bei diesen
Bauteilen - besonders Tantalkondensato-
ren - führen häufig abweichende Betriebs-
bedingungen (zu hohe Gleichspannung
oder zu hoher Wechselspannungsanteil)
zur vorzeitigen Zerstörung.
Uli Apel
HiFi-JAHRBUCH 2015 STEREO 181